o. T. (Mantel) , 2014, Fahrradmäntel und Tacker, 120cm x 60cm x 35cm, ca. 14 kg
Lebensgroßer, an einem Drahtseil hängender Mantel zusammengetackert aus Querstreifen alter, gebrauchter Fahrradmäntel. Eine Schutzhülle für den Körper, in welche sich selbst Spuren vergangener Zeit eingeschrieben haben und die als Metapher für die Einwirkungen des Lebens auf den Menschen gelesen werden kann. Worte und Wortfragmente, herausgerissen aus dem ursprünglich werbeindustriellem Kontext, verstärken den poetischen Charakter der an eine Reptilienhaut oder Rüstung erinnernden Ummantelung.
Schild, 2017, Keramik glasiert;
Die Arbeit „ Schild“ eine Art Rückenpanzer, steht als visualisierte Form, einer der Tierwelt entliehenen Strategie, für die Abgrenzung des schutzbedürftigem Inneren zur Außenwelt. Eine auf einem menschliche Frauenrücken partiell geformte „Schale“ aus Ton, als stoffliche Trennung zweier Welten, verdeutlicht durch die schroffe Außenseite und die an das Innere einer leeren Muschel erinnernde, leicht schimmernde Innenseite. Als „Fundstück“ verweist das Schild auf die Versehrbarkeit des menschlichen Körpers und der Seele.
coffee to go, Keramik, 35 x 35 x 12 cm, 2017, Foto: Thomas Häntzschel
Die rudimentäre Urform des Gefäßes kontrastiert Neuweg mit einer zeitgenössischen Gefäßform – dem Kaffeebecherdeckel, der als Einwegartikel ein verrufenes Wegwerfprodukt ist. In einem Pop-Art-Akt wird das industrielle Massenprodukt
zu einer individuell gefertigten Keramik und erhält damit einen dauerhaften Status.
Vergrößert und in schwarzem Ton nachgeformt wirkt die Plastik des Deckels wie ein
schwerer gusseiserner Verschluss eines Ofens oder eine alte antike Schale, was die
eingeprägte Warnung CAUTION HOT CONTENTS unterstreicht wie karikiert. Somit reiht sich
der Deckel in die Typologie der Gefäße. Anhand dieser reflektiert Neuweg grundsätzliche
Überlegungen zur Kulturgeschichte der Menschheit und erkundet Gefäße in ihren
archaischen, reduzierten Urformen bis hin zu den zeitgenössischen Varianten aus Papier
und Plastik. ( Text: Dr. Christina Katharina May- zur Ausstellung outlines and insides im Kunstverein zu Rostock 2021)
notepad, 2021, Collage,170 x 120 cm
Ein Schlüssel zur Frage, weshalb Gefäße besondere Beobachtungen in der Malerei
ermöglichen, ist die mehrteilige Collage notepad. Hier kombiniert Neuweg die Zeichnung
gefaesze-1P mit Fotografien, einer kopierten Buchillustration und einem Plastikeimer. Das
Erfundene wird mit Fundstücken zusammengeführt. Die zusammengetragenen Formen
bilden Körper und Hohlräume, Höhen und Tiefen, Figur und Grund. In einer verschneiten
Landschaft etwa zeichnet sich als dunkler Umriss eine elliptische Linie ab. Die wissenden
Betrachtenden erkennen diese Form schnell als Boot. Durch den Schnee, der die Landschaft
gleich macht, wird die Unterscheidung zwischen Innen und Außen getilgt. Analog steht die
Umrisslinie zu einer von Gras umschlungenen Flasche auf der benachbarten Fotografie.
Die Systematisierung von Gesehenem und dessen Übersetzung in Abbilder wird durch
fotografierte Raster versinnbildlicht. Als Archiv des Sehens dient das Raster zur Ordnung
und zeichnerischen Erfassung von Dingen, wie schließlich die Fotokopie der Illustration
verdeutlicht, die eine altmeisterliche Zeichentechnik zeigt, bei der ein Künstler einen
realen Gegenstand, ein Gefäß, mithilfe eines Rasters erfasst. ( Text: Dr. Christina Katharina May- zur Ausstellung outlines and insides im Kunstverein zu Rostock 2021)