„situationroom 2011_1“, 2014, Aquarell auf Bütten
Im Postkartenformat und in samtigen Grau-, Blau- und Brauntönen, leise visuell pulsierend offenbart sich das Bild „Situationroom“ von Katharina Neuweg. Es hat sich uns eingebrannt dieses Bild das um die Welt ging, so dass wir nicht mehr brauchen als die schemenhafte aquarellierte Abbildung der Situation, von der wir glauben, dass sie den Moment zeigt, da Barack Obama über die Tötung von Osama bin Laden per Videobeweis unterrichtet wird. Es ist der Vorbote einer Aneinanderreihung von Ereignissen und weltpolitisch zweifelhaften Entscheidungen, die für tausende Menschen tödlich waren.
Der Blick wandert immer wieder zu den Farben, die in den leichten Dellen des geschöpften Aquarellpapier versickert sind und mit dem Pinsel bewusst weiter verwässert worden sind: Das Bild das als Beweis für einen medial überbrachten Beweis des Todes eines Mannes gilt, der sich medial in Szene zu setzen gewusst hat, um seinen Einfluss und auch sein weiteres Fortleben zu beweisen,- allein diese Aneinanderreihung dieser vermeintlichen Bildbeweise zeigt, dass wir es bei diesem Bild mit einem besonders interessanten Objekt für Bildwissenschaftler und Künstler zu tun haben.
Denn obwohl die meisten von uns doch wissen, wie manipulierbar fotografische und filmische Aufnahmen sind, und auch die Geschichten welche an diverse Bilder geknüpft sind, so können wir uns diesen Bildern und unsere vermeintlichen Wahrheitssuche damit kaum entziehen. Um so interessanter erscheint aus diesem Grund das Vorgehen der Wiener Künstlerin. Indem sie mit weichen Pinselstrichen dieses Bild auf ein klitzekleines Format bannt und uns die vermeintlichen Informationen vorenthält, wie etwa Mimik und Gestik der Leute in dieser Situation und stattdessen kaum mehr als Farbwerte angibt, stellt sich Frage des Umgangs mit solchen Bildern viel drängender.
Das Bild „Situationroom“ reiht sich ein in eine Serie von Tuschebildern, die sich die Künstlerin aus dem Internet zu der Schlacht in Aleppo herausgesucht hat. Auch hier fragt man sich wieder bei den Schwarz-Weiß Interieur – Zeichnungen, die fast im Grafik- Novel- Stil daher kommen, aus welchem Grund wurden diese Bilder gemacht, wer inszeniert wen, und ja auch wie virulent sind diese Bilder dann im Netz ? Tatsächlich können wir anders als bei den Fotos, die Katharina Neuweg als Ausgangsmaterial nimmt, nicht umhin unsere eigene Rolle als Betrachter mitzudenken und den bewusst gesteuerten oder zufällig genommenen Bedeutungsweg bestimmter Bilder zu reflektieren. ( Text: Marieken Matschenz)
„…die Serie Aleppo entstand, nachdem ich eine Radiosendung über Rebellen in leer stehenden Wohnungen Aleppos gehört habe. Über Internetrecherche stieß ich auf folgende von mir in Tuschezeichnungen übersetzte Fotos.“
Serie „Aleppo“ _ 2014, 8 Arbeiten Tusche auf Papier , gerahmt
Soundinstallation „brave young men“ 2016, Dauer 01h01m01s
Feldbett ( bezogen Polster und Decke), 2 Kopfhörer, video 4:3, zwei fliehende Pferde im Loop (variabel)
Flüchtlinge: Issam, Nassir, Ahmad, Hakim, Humam, Deea, Hussain, Machmoud, Muhammed
Schnitt: K. Neuweg
Die Interviews mit den Flüchtlingen wurden im Rahmen des Projektes „Cafe Cabana“ im Kunsthaus Neustrelitz geführt.
Auf einem Zettel stehen 13 Begriffe, die Katharina Neuweg den Flüchtlingen in die Hand gelegt hat. Begriffe wie Haus, Bomben, Mutter, Vater, Schwester und Bruder, Geld, Zelt, Boot,…. Die jungen Männer erzählen intuitiv und hangeln sich mittel englischer oder auch deutscher Worte an dieser Begriffskette entlang, um ihr Schicksal zu fassen und in eine Geschichte zu packen. Wie schwer das ist hört man den Einzelnen an, es bleibt bruchstückhaft, denn es gibt Erlebnisse die man nicht in Worte fassen kann und auch Scham oder das Wissen darum wie viele auf der eigenen Flucht um einen herum gestorben sind lassen einen fast wortlos zurück. Mittels dieser Gesprächsaufnahmen wird der Betrachter angehalten sich selbst ein Bild zu machen und sich auf das Einzelschicksal einzulassen. ( Text: Marieken Matschenz)